An Tagen wie diesen…
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Ein Auszug aus meinem Gefühlstagebuch von vor ca. einem Jahr. Wenn es mir besonders schlecht geht, dann hilft mir das Schreiben. Oftmals mache ich es nicht, weil mir auch das zu viel ist. Wenn ich es jedoch mache, merke ich danach, wie gut es getan hat, sich die Dinge einfach nur von der Seele zu schreiben.  

„Heute habe ich mich für einen Spaziergang entschieden. Schon im Bett merkte ich, dass es für mich an diesem Tag schwierig wird, mich für irgendetwas zu motivieren. Also wollte ich dagegen halten.

Leider überkommt mich dieses Gefühl öfters. Und zwar immer dann, wenn mein Junior am Wochenende bei seinen Großeltern ist und ich so gesehen tun und lassen kann, was ich will. Dann falle ich in ein Loch. Auf der einen Seite will ich die wertvolle Zeit für Dinge nutzen, die ich sonst nicht machen kann. Auf der anderen Seite will ich gar nichts tun.

Mit gar nichts machen meine ich Couch und TV. Den Gedanken daran gar nichts Sinnvolles zu tun, kann ich dann aber auch nicht mit mir vereinbaren. Und die negative Gedankenspirale startet. Um dem entgegen zu wirken, muss ich mir dann bewusst machen, was mir hilft und was eher schädlich für mich und meine Psyche ist. Deswegen habe ich nach dem Frühstück meditiert und mich dann für einen Spaziergang dick eingepackt.

Die Luft war angenehm und ich lief in Richtung Wald. In meinem Kopf kreisten viele Gedanken. Ich wollte bewusst alleine gehen und habe auch kein Handy mitgenommen, weil ich mich genau dem stellen wollte.

Ich wollte mit mir alleine sein und mich von nichts ablenken lassen.

Es dauerte einige hundert Meter bis die negative Gedankenspirale an Kraft verlor. Ich sah die vielen Bäume. Viele waren von dem Orkan Sabine vermutlich in Mitleidenschaft gezogen worden. Plötzlich hatte ich das Bedürfnis stehen zu bleiben und einen Baum zu umarmen. Das soll ja angeblich helfen bei schlechter Laune. Im Urlaub hatte ich das immer wieder mal gemacht und es hat mir immer irgendwie gut getan. Ich schaute mich kurz um, ob jemand in meiner Nähe war und dann umarmte ich den Baum. Normalerweise würde es mich nicht stören, wenn mich jemand dabei sieht. Aber an Tagen, an denen es mir psychisch nicht gut geht, denke ich zumindest darüber nach, was wohl andere Menschen jetzt von mir denken mögen.

In einer Reportage über Bäume, hatte ich mal erfahren, dass Bäume ganz viel Energie in sich tragen. Und ich muss sagen, das Umarmen hat echt geholfen. Ich habe nach oben geschaut und die Baumspitze wippte im Wind leicht hin und her. Unten bei mir war davon nichts zu spüren. Ich war fasziniert, wie etwas so Hohes so viel Stabilität haben kann. Dann strich ich über die schöne Rinde und nahm die Risse war. Zwischen manchen Rissen hatten sich kleine Tannenzapfen und Nadeln verheddert. Behutsam nahm ich die Fremdlinge aus der Rinde, als ob es dem Baum „weh tun“ könnte, wenn sie da weiterhin verblieben.

Als ich weiterging, sah ich plötzlich einen Hochsitz eines Försters in meiner unmittelbaren Nähe. Ich erwischte mich dabei, wie ich darüber nachdachte, wie mich ein Förster gerade bei meiner Tat hätte sehen können. Mein eigener Gedanke störte mich. Da es mir dabei wichtig gewesen wäre, was der Förster über mich denkt.

Es hat sicherlich 36 Jahre meines Lebens gedauert – aber mittlerweile weiß ich, wie toll es sein kann und ist, wenn es einem scheißegal ist, was Andere von einem denken. Dieses Gefühl ist einfach unbeschreiblich befreiend und so einfach, wenn man es erstmal für sich verstanden hat.

Scheißegal bedeutet hierbei nicht, dass mir die anderen Leute egal sind oder ich sie nicht wertschätze. Aber seien wir mal ehrlich. Wir machen uns immer viel zu sehr einen Kopf darüber, was und wie andere Menschen über uns denken, anstatt einfach das zu tun, was uns guttut. Soviel dazu.

Ich ging weiter und entdeckte nach ein paar Metern einen weiteren Hochsitz in weiter Ferne. Keine Ahnung was mich dazu veranlasste, aber plötzlich kam mir in den Sinn, wie sich ein Förster einen Scherz daraus macht, andere Leute beim Spaziergehen anzuschießen. Es war so weit weg. Aber wenn man richtig Schießen kann, ist das sicherlich kein Problem. Soviel zum Thema negative Gedankenspirale. Ich hatte kurz etwas Panik, dass ich nicht mal beim Spaziergehen sicher bin. Normalerweise glaube ich an das Gute im Menschen. An Tagen wie diesen eher nicht.

An Tagen wie diesen, fällt es mir plötzlich schwer und ich verfalle in das andere Extrem. Deshalb unterstelle ich einem Förster schlimme Dinge. Und ich merke, wie mich der Konsum von Actionfilmen, in denen die Scharfschützen ihr Unwesen treiben, negativ beeinflusst.

Der Gedanke ist durch. Immer noch von dem Gefühl berührt, dass mich irgendjemand beobachten könnte, sehe ich eine Ansammlung geschlagener Bäume. Ich gehe hin. Sollte mich wirklich jemand beobachten, dann kriegt er jetzt was zu sehn. Ich balanciere wie ein kleines Mädchen über die langen Baumstämme und habe währenddessen das Gefühl, wie mich von unten Energie durchströmt.

„Die Bäume sind doch aber tot, denke ich mir. Oder vielleicht doch nicht?“ 

Nur, weil wir es nicht sehen können, heißt es nicht, dass es nicht da ist. Ich verlasse mich nur noch auf mein Gefühl und meine Intuition. Und die lässt mich eine Kraft von unten spüren.

Der Wind macht es mir teilweise nicht gerade leicht, aber ich komme auch ohne Auszusetzen oder Herunterzufallen am Ende des Baumstammes an. Ich laufe weiter.  So richtig, weiß ich nicht, wo es hingeht und wo ich überhaupt hin will. Diese Strecke bin ich vorher noch nicht gegangen. Aber ich laufe einfach weiter. Irgendwann fällt mir auf, dass ich dem Ortseingangsschild meines Wohnortes sehr nahe bin. Erst jetzt merke ich: Ich bin im Kreis gelaufen bin. Mein Freund würde sagen, Orientierung ist nicht dein Fall. 😊

Ende des Auszugs aus meinem Gefühlstagebuch

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